Und dann steht man da, 7 Monate später,
hat die letzten 30 Stunden während der Rückflüge vor Aufregung
nicht geschlafen, starrt ungeduldig auf das Gepäckband, was einfach
nicht den verhassten, treuen 20 Tonnen- Rucksack ausspucken will. Um
einen herum hört man schon wieder das erste deutsche Gejammer -
„Mein Koffer ist bestimmt wieder nicht dabei. Ich wette, das Auto
springt nicht an.“. (Hoffentlich traf beides zu.)
Und dann kommt das rote Rucksackmonster
endlich heraus und man weiß, dass man es jetzt zum letzten Mal
aufsetzen wird. Und von dem Monster und den Flip Flops stark
eingeschränkt renne ich los – die erste Tür geht auf – Wand –
man muss noch durch eine zweite Tür – um die Ecke – nicht
ausrutschen – Luftballons – MAMA UND PAPA!!!
Wir fingen alle an zu weinen, aber
gleichzeitig mussten wir lachen und uns dauernd umarmen und der
Moment war so real wie irreal. Australien war weg, Deutschland war
da. Die Zeit hatte sich ein wunderbares Versteck gesucht, in das
ganze 7 Monate gepasst hatten, ohne dass ich sie verpasst hatte. Die
Autofahrt von Frankfurt nach Leipzig ging schnell, natürlich weil
ich die ganze Zeit erzählte, von einzelnen Momenten und
Erinnerungen, die in meinem Kopf kurz auflachten – alles
durcheinander und willkürlich ausgewählt, wie wenn man von einem
Kuchen die Smarties abknabbert, man denkt auch nicht vorher nach,
welchen Smartie man von wo isst.
Und dann kamen wir irgendwann gegen 0
Uhr zu Hause an. Der Zu Hause- Geruch, die Lieblingsbettwäsche, die
immer noch unaufgeräumte Schreibtischschublade, der Lieblingskäse
im Kühlschrank – und mein Kleiderschrank: „Stiiiiiiiiiiiiimmt,
den Pulli gibt’s auch noch!!!“. AHHHHH! Überwältigend. Am
nächsten Morgen kam meine ganze Familie und Hannah und wir
brunchten, dann gingen Hannah und ich in die Stadt, zwischendurch
erzählte ich ihr Australien von Anfang bis Ende, zeigte ihr alle
Fotos und dann schlief sie bei mir – die beste Freundin wieder zu
haben – das erste Mädchen seit 7 Monaten haha - zu merken, dass
wir nicht eine Sekunde brauchen, um die Alten zu sein... das ist so
schön, ich kann es nicht in Worte fassen.
Das war die Rückkehr und eigentlich
wollte ich einen riesigen Australien Abschlusstext machen, aber die
Trennung ist noch ganz frisch, Australien und ich haben gerade erst
Schluss gemacht und die Entscheidung ist gefallen, deswegen will ich
nach vorne gucken und nicht der schönen Zeit nachweinen, was
passiert, wenn ich lange darüber nachdenke oder darüber schreibe...
Es ist wie der eine Tagebucheintrag, vor dem man sich ewig drückt,
wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist.
Australien. Ich sehe bei diesem Wort
schon lange nicht mehr die Australienkarte, auf der ich mir die Orte,
die ich sehen wollte, markiert hatte. Wenn ich an Australien denke,
dann kommen Gerüche, Geräusche und Gefühle in mir hoch, die eine
ganz andere Australiensilhouette formen als sie auf der Karte für
alle sichtbar ist.
Australien wird immer nach nassen
Eukalyptusbäumen riechen, nach trockenem Gras und Staub, nach einem
schrecklichen Entensee, selbstgemachten Pizzataschen auf dem
heißwerdenen, schmierigen BBQ- Herd, Herbal Essences in den Haaren,
nach frischen und faulen Äpfeln, Dieselgestank des Traktors in der
Mittagshitze, sonnengetrockneten Klamotten und Decken,
Zigarettenrauch in Autositzen, nach den Ledersofas in Newcastle, nach
salziger Seeluft und Ozean, Sonnencreme, Lagerfeuer und den darin
flambierten Marschmellows, Rosinenbrötchen und Zimtdonuts, nach
Instantnudeln und Instantkaffee, Mülltonne, betrunkenen Aborigenees,
nach meinem Parfum von Kenzo „Flowers in the air“,...
Australien wird sich immer nach Raben
anhören, dessen Schreie die Leere des Outbacks beklagen, nach dem
Hüpfen der Kangaroos, die nur Armlängen von meinem Zelt entfernt
sind, nach knackenden Ästen im Feuer, sich zurückstellenden
Autositzen, raschelnden Tüten, in denen man Klamotten, Waschzeug und
alles andere ''sortiert'' hat, nach dem Piepen der offenen Autotür
Theos Autos, sich öffnenden Zelteingängen, bellenden Hunden und
einem Hubschrauber, der die Suche noch nicht aufgegeben hat, dieser
einen Stille, springenden Steinen unter Autoreifen, Papageien,
aufklatschendem Wasser beim Auffüllen der Trinkflaschen, Bob Marley
und Manu Chao, nach den Schreien, wenn jemand wieder in eines meiner
Kaugummis getreten war, der besten Zeile aus meinem Lieblingslied
('The Push' – niemand außer ich kann es noch hören): „First
I check and see which way the wind blows. Cause if I come back you
gonna have to listen, you gonna have to listen, and you gonna have to
listen to me. And then we can move together from reality.
Oh, listen to me and then we together hear what we cannot see.), nach der Schiebetür des Vans, die vorm Schlafengehen nochmal aufging, um im Liegen Zähne zu putzen,...
Oh, listen to me and then we together hear what we cannot see.), nach der Schiebetür des Vans, die vorm Schlafengehen nochmal aufging, um im Liegen Zähne zu putzen,...
Momente
über Momente in meinem Kopf, ob es die Szene ist, wie ich im Casino
in Melbourne auf Fynns Rücken springe, Olli auf meinen und wir alle
3 umfallen und mit Glück nicht herausgeworfen werden oder die, wenn
in Orange jemand aus Versehen auf die Hupe gekommen war und daraufhin
der ganze Campingplatz zu hupen anfing. Ich weiß, ich werde all das,
die kleinen und die großen Momente, für immer behalten.
(Das
wäre jetzt schon ein schönes Ende... so ein Buchende: jetzt klappt
man das Buch zu, aber damit enden ja nicht die Gedanken, deswegen
muss ich noch was schreiben.)
Und
zwar: Eine der viele Standardfragen unter Backpackern war immer
„Warum bist du nach Australien gekommen.“ Und lange lange lange
habe ich immer genauso langweilig geantwortet: „Ich wollte was
anderes sehen, wusste nicht was ich studieren soll, wollte mein
Englisch aufbessern, war halt ne Herausforderung.“ Aber nach einer
Zeit musste ich ja auch darüber nachdenken, wann ich eigentlich
wieder nach Hause komme. Und durch diese Frage kam ich auf die
eigentliche Antwort, was meine Erwartungen von Australien, mein
eigentliches Ziel der Reise gewesen war: Erst wenn sich genug
verändert hatte, würde ich zurück wollen. Das eine Ende der Welt
sollte sozusagen das andere Ende der Welt verändern. Ich wollte
nicht zurückkommen und genauso weitermachen wie vorher. Und deswegen
war es dann – trotz all den wunderschönen Erlebnissen, von denen
ich immer schwärmen werde – so einfach, spontan zu entscheiden,
dass es jetzt Zeit war, nach Hause zu gehen. Das war also mein Ziel
der Reise, von dem ich lang nichts wusste. Und das führt mich jetzt
zum „Was mir Australien beigebracht hat“. Die Wege, die ich
gegangen bin, um an das Ziel zu kommen, waren nicht die Wege, auf
denen all die Sehenswürdigkeiten lagen, die ich ja so gern hatte
sehen wollen. Wenn ich nämlich ein was verstanden habe, dann, dass
das „WO“ egal ist. Wichtig ist nur das „Mit wem“. Erfüllt
hat mich nicht der Anblick eines schönen Strandes oder des Ulurus,
sondern die Anwesenheit der Menschen, die ich lieben gelernt hatte.
Wenn mich jetzt jemand fragen würde: „Wo willst du landen? Wo
siehst du dich in 10 Jahren?“, wäre meine Antwort nicht mehr „In
...Paris vielleicht?“ oder so, sondern „In der richtigen
Gesellschaft.. zwischen Menschen, die selbst eine lächerlich
langweilige Stadt wie Orange zum Paradies verwandeln könnten.“
Ja,
und nachdem ich verstanden habe, dass das „Wo“ keine Rolle
spielt, fühlt es sich auch nicht wirklich so an, als wäre die Reise
zu Ende. Und deswegen werde ich, auch weil manche darum gebeten
haben, nicht einfach aufhören zu schreiben. Ein Reiseblog war es
schon lange nicht mehr und wenn es was Spannendes zu erzählen gibt,
dann werde ich davon berichten. :)
Ich
weiß, ich werde all das, die kleinen und die großen Momente, für
immer behalten.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen